(mko) Fast jeder dritte Patient, der stationär in eine internistische Klinik aufgenommen wird, zeigt Anzeichen für eine Mangelernährung, bei älteren Patienten sind es über die Hälfte. Die einen nehmen zu wenig Eiweiß zu sich, bei den anderen fehlt es an Vitaminen, wieder andere essen schlicht zu wenig, um ihren Energiebedarf zu decken: Dieser Mangel wirkt sich schlecht auf das Wohlbefinden und den Krankheitsverlauf der Betroffenen aus. Eine Studie aus der Schweiz belegt nun sehr eindrücklich, dass Patienten von einem Ernährungsscreening – einer Untersuchung, mit der bestehende Mangelernährungszustände erkannt werden – und einer entsprechenden Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) nimmt die im Fachjournal Lancet erschienene und industrieunabhängige Studie (EFFORT-Studie) zum Anlass, auf die große Bedeutung eines systematischen Ernährungsscreening und eines begleitenden Ernährungsmanagement für den Verlauf von Erkrankungen hinzuweisen.
In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die für mindestens vier Tage in eines von insgesamt acht Krankenhäusern in der Schweiz aufgenommen worden waren und bei denen ein Risiko für eine Mangelernährung bestand. Diese Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Während die einen mit der üblichen Krankenhauskost versorgt wurden, erhielten die Patienten der zweiten Gruppe eine persönliche ernährungsmedizinische Betreuung, bei der das Erreichen von Zielwerten für die Kalorien- und die Eiweißaufnahme im Fokus stand. Auf der Basis einer individuellen Bedarfsberechnung beziehungsweise der Laborwerte erhielten sie unter anderem zusätzlich eiweißangereicherte Speisen, zusätzliche Snacks und Vitaminpräparate und andere Mikronährstoffe.
Während des Klinikaufenthalts kontrollierten geschulte Diätassistenten, ob das anvisierte Ernährungsregime eingehalten wurde. Bei Entlassung erhielten die Patienten einen entsprechenden Ernährungsplan für zu Hause. 30 Tage nach Studienbeginn wurden die Patienten erneut untersucht und befragt. „Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich bereits deutliche Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen“, sagt Jochum. So beobachteten die Mediziner bei 27 Prozent der gewöhnlich versorgten Patienten eine Verschlechterung des Gesundheitszustands, aber nur bei 23 Prozent der ernährungsmedizinisch betreuten Patienten – eine Risikoreduktion von annähernd 20 Prozent. Auch die Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen konnte signifikant reduziert werden. Außerdem waren ernährungsmedizinisch betreute Patienten fitter und empfanden ihre Lebensqualität als höher. „Die Studie zeigt einmal mehr, dass die Ernährung für die Gesundung und das Wohlbefinden des Menschen im Krankheitsfall von zentraler Bedeutung ist“, sagt Professor Dr. med. Johann Ockenga, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V.
Die Studie unterstreicht zudem die Bedeutung eines routinemäßigen ernährungsmedizinischen Screenings bei Aufnahme in die Klinik. „Denn längst nicht alle mangelernährten Patienten sind erkennbar untergewichtig“, so Ockenga. In der Studie lag der durchschnittliche BMI mit 24,8 kg/m2 im Normalbereich. In das Screening fließen deshalb auch Angaben zu Appetitlosigkeit und aktuellen ungewollten Gewichtsverlusten ein. Außerdem wird das Alter des Patienten berücksichtigt, sowie die Schwere der Erkrankung, die zur Klinikeinweisung führte. „Ein solches Screening kann versteckte oder drohende Nährstoffmängel aufdecken und identifiziert Patienten, die eine Ernährungstherapie benötigen“, sagt der Direktor der Medizinischen Klinik II des Klinikums Bremen Mitte. Dies sei für den Krankheitsverlauf entscheidend. Daher sollte ein Ernährungsscreening mit einem entsprechendem Ernährungsmanagement Standard einer guten medizinischen Betreuung sein.
Quellen:
Schuetz P, Fehr R, Baechli V et. Al (2019): Individualised nutritional support in medical inpatients at nutritional risk: a randomised clinical trial. http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(18)32776-4