(mko) Schrauben, Platten, Nägel – können wir das künftig bei Knie-Operationen vergessen? Mehr als 175.000 Knieprothesen und 208.000 Hüft-OPs werden jedes Jahr hierzulande durchgeführt, darunter bereits Patienten unter 50 Jahre. Experten wie Wolfgang Zinser, Chefarzt des St. Vinzenz-Hospitals in Köln halten die hohe Anzahl derlei Operation für problematisch. Denn: Seit festgelegt wurde, dass nur Kliniken, die über 50 Knieprothesen pro Jahr einsetzen, diese auch bezahlt bekommen, hat sich die Anzahl der Knieprothesen inflationär vermehrt. Aber: Jetzt gibt es eine innovative Alternative : Knorpel aus dem Reagenzglas für Patienten mit geschädigten Kniegelenken oder Bandscheiben.
Während einer Athroskopie wird eine kleine Knorpelprobe aus einem unbelasteten Bereich entnommen und in einem Zelllabor werden dann die Chondrozyten isoliert, vermehrt und weiterkultiviert, so dass nach fünf bis sieben Wochen diese Zellen in den Knorpeldefekt als Auffüllung eingebacht werden können. Das neue Knorpelgewebe verbindet sich mit dem gesunden Knorpel und ist lange Zeit biomechanisch belastbar, so Dr. Andreas Baltrusch von der Firma Co. don, die dieses Verfahren erstmals auf der Medizinmesse MEDICA (16.11.-19.11. 2011) in Düsseldorf vorstellen wird.
Relativ unbekannt ist, dass bereits vor dem Entstehen eines fortgeschrittenen Gelenkverschleißes präventiv mit der Knorpelzelltransplantation sehr erfolgreiche Möglichkeiten bestehen, um im späteren Verlauf ein künstliches Gelenk (oder gar den Ersatz) zu vermeiden oder deutlich hinauszuschieben. Denn: Wird ein Gelenk ersetzt gibt es danach kein zurück mehr, denn helfen nur aufwendige Wechseloperationen.
Oftmals ist die Ursache von Gelenkdefekten auf eine Schädigung des Gelenkknorpels zurückzuführen. Diese Defekte können in vielen Fällen regenerativ und minimalinvasiv oder arthroskopisch behandelt werden. Allein in Deutschland ließe sich damit, Hochrechnungen zufolge, die Zahl der Gelenkknorpeloperationen im Kniebereich um 25 000 Eingriffe pro Jahr reduzieren, ebenso die Zahl der Revisions-Operationen.
Derzeit laufen zwei Langzeitstudien zur Wirksamkeit und Sicherheit des Produktes – auch bei großen Knorpeldefekten. Zwei Prüfungsklinken aus Norddeutschland (Hamburg und Kiel) beteiligen sich an der Multicenter Studie. Etwa 100 Ärzte und Kliniken nutzen in Deutschland bereits die Zelltherapie und seit 2008 zahlen auch die Krankenkassen für die Behandlung.. Inzwischen wurden über 4000 Patienten therapiert und die Erfolgsquote liegt bei 90 Prozent, so Dr. Andreas Baltrusch.
Verein der Knorpelspezialisten in Dinslaken