Klinken beschäftigen immer mehr Leihärzte: Ärztemangel für Anästhesie und Intensivmedizin

(mko) In Deutschland müssen Anästhesisten (Narkose-Ärzte) heutzutage jährlich rund neun Millionen Patienten bei Operationen versorgen. In Deutschen Krankenhäusern fehlen allerdings mehr als 6000 Ärzte,darunter besonders Anästhesisten, die jetzt mehr und mehr mit Leihärzten besetzt werden. 3,2 Prozent der vorhandenen Stellen in dem Fach können nicht besetzt werden. Das besagt eine aktuelle Studie des Deutschen Krankenhaus Instituts.
Das ist zwar weniger als in anderen Fachbereichen wie etwa der Inneren Medizin oder der Chirurgie. „Die Situation ist bei den Anästhesisten dennoch besonders prekär“, so der Präsident des Bundesverbandes Professor Bernd Landauer, Ottobrunn. Denn sie könnten ihren Arbeitsumfang von Allgemein- und Regionalanästhesien, Intensivbehandlung, Notfall- bis hin zur Schmerztherapie nicht wie andere klinische Fächer selbst bestimmen. „Die Anästhesie spielt eine
Schlüsselrolle bei Operationen und hängt zudem in erster Linie von der Nachfrage anderer Disziplinen ab“, so Landauer. Darüber hinaus steige das Arbeitsvolumen in der Intensivmedizin ständig: „Insbesondere in der operativen Intensivmedizin haben sich jedoch viele Ärzte aus den
chirurgischen Fächern zurückgezogen“, sagt DGAI-Generalsekretär Professor Dr. med. Hugo Van Aken, Münster.

Die operativen Intensivstationen würden demzufolge fast überall von Anästhesisten betrieben. Die Folgen dieser Entwicklung werden von den Fachgesellschaften kritisch gesehen: Das vorhandene Personal müsse den Mangel in höherem Maße als je zuvor und vielfach bis zur
Grenze seiner Belastbarkeit ausgleichen. Gespräche mit Patienten und Angehörigen sowie die notwendige Fort- und Weiterbildung kommen dadurch oft zu kurz. Um die Patientenversorgung trotzdem zu bewältigen, beschäftigen viele Krankenhäuser Leihärzte. „Knapp die Hälfte aller Anästhesieabteilungen in Deutschland greifen derzeit gezwungen auf solche Honorarärzte zurück“, so Professor Landauer. Dies zeigt eine Umfrage des BDA. Ein Grund hierfür ist auch, dass Deutschland neben Großbritannien das einzige Land in der EU ist, das tatsächlich das Arbeitszeitgesetz von 2006 umsetzt: „Ärzte arbeiten seitdem statt 60 bis 70 nur noch 42 Stunden in der Woche im Angestelltenverhältnis“, sagt Professor Van Aken. Um ihr Gehalt aufzubessern, erfüllen viele Ärzte vier Tage in der Woche ihren Dienst in der Klinik und nehmen für den fünften Tag eine Nebentätigkeit an einem anderen Krankenhaus an. Diese selbständige Arbeit fällt nicht unter das
Arbeitszeitgesetz.

Ausschlaggebend für den Ärztemangel gerade in der Anästhesie sei laut Van Aken auch der wachsende Anteil von Frauen in der Medizin: Denn das Fach liegt zu etwa 50 Prozent in den Händen von Anästhesistinnen. Diese können Familie und Beruf häufig nur vereinen, indem sie in Teilzeit arbeiten. Auch das Phänomen der sogenannten Generation Y, bei der die Familie an erster
Stelle stehe, verstärke das Problem.

Die Sicherheit der Anästhesie fürden Patienten wurde im Jahr 2010 durch einen so genannte „Helsinki Declaration on Patient Saftey in Anaesthesiology“ abgesichert. Dieser Deklaration, die zusammen mit europäischen Fachorganisationen unterzeichnet wurde, liegen bestimmte Sicherheitststandards zugrunde wie regelmäßig Geräte-Medikamentencheck, Protokolle für den Umgang mit dem schwierigen Atemweg, Beteiligung am Fehlermeldesystem, Schmerzmanagement etc. Die Deutschel gesllschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin hat als erste nationale Gesellschaft alle Punkte der Helsinki Deklaration umsetzt.

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