Bakterien im Mund: Hohes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall

70 Prozent aller Deutschen zwischen 35 und 44 Jahren leiden unter einer Parodontalerkrankung – mitunter mit fatalen Konsequenzen. „Es ist bekannt, dass chronische Entzündungen des Zahnhalteapparats Gefäßerkrankungen im Körper fördern können“, betont der Bonner Zahnmediziner Dr. James Deschner. Ursache können Bakterien sein, die aus dem Mundraum in die Gefäße einwandern. Außerdem werden bei Entzündungen von Zahnfleisch oder Kiefer Botenstoffe frei, die die körpereigene Immunabwehr stimulieren. Die Abwehrtruppen beschränken ihre Scharmützel aber nicht auf den Mund: Auch leicht geschädigte Gefäße werden zum Opfer ihrer Attacken. „Wir vermuten, dass die Gefäßschäden dadurch sogar noch zunehmen“, sagt Deschner. „So kann sich das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall beträchtlich erhöhen.“

So ist eine Parodontitis eben nicht nur eine Gefahr für die Zähne und lediglich eine auf
den Zahn-, Mund- und Kieferbereich beschränkte Erkrankung. Vielmehr könnten sich die Folgen einer bakteriellen Entzündung vom Mundraum in den ganzen Körper ausbreiten. Zahlreiche Studien zeigen bei unbehandelter Parodontitis ein zweifach erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Kreislauferkrankungen, ein erhöhtes Vorkommen für Frühgeburten, niedrigeres Geburtsgewicht bei Babys und Auswirkungen auf Diabetes, Atemwegserkrankungen und zerebrale Infektionen. Jüngste Ergebnisse haben ebenfalls einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Atherosklerose nachgewiesen.

Die Mitglieder der neu eingerichteten Forschergruppe möchten unter anderem herausfinden, welche Faktoren chronische Entzündungen von Zahnfleisch oder Kiefer fördern. Sie hoffen dabei unter anderem auf effektivere Therapien und neue Möglichkeiten der Diagnostik. Im Focus steht dabei auch die Frage, inwiefern Erkrankungen des Zahnhalteapparats erblich sind. „Wir wissen heute, dass die Gene rund 50 Prozent zum Risiko beitragen“, erklärt Deschner. „Welche Erbanlagen das genau sind, ist aber noch nicht bekannt.“